Wenn heutzutage von Krafttraining die Rede ist, fällt dem Großteil der Bevölkerung selbstverständlich erst einmal das typische Hantel- oder Maschinentraining im örtlichen Fitnessstudio ein. Unabhängig davon, wie die Ziele des einzelnen Fitnesssportlers aussehen (Muskelaufbau, Fettverbrennung, Kraftausdauer, etc.), so verlaufen die meisten Trainingseinheiten doch mehr oder weniger ähnlich:
- Warm Up (entweder am Fahrradergometer oder am Gerät direkt)
- Hantel-/Maschinen-Teil
- Ausdauerteil (Laufband, Fahrrad, Crosstrainer, etc.)
Um alle wichtigen Muskeln des Körpers zu trainieren, wird in den meisten Fällen ein Split-Plan abgearbeitet. So werden am ersten Tag zum Beispiel Brust und Rücken trainiert, am zweiten die Beine, usw. Alle diese Übungen haben gemein, dass die jeweiligen Muskeln isoliert trainiert werden. Um also den ganzen Körper einmal "von oben bis unten durch" zu trainieren, wird in der Regel ein 3-Tage-Plan erstellt.
Geht man davon aus, dass der durchschnittliche Trainingsplan auf 60-90 Minuten ausgelegt ist, so kommt man auf 4,5 Stunden Training pro Woche.
Wohlgemerkt: 4,5 Stunden Minimum!
Berücksichtigt man dabei noch das "pflegen sozialer Kontakte" mit seinen Trainingskollegen zwischen den Satzpausen, so werden aus 1,5 auch schnell einmal 2 oder 2,5 Stunden pro Tag. Somit wären wir bei 6 bis 7,5 Stunden(!) in der Woche, in denen jeder Muskel vielleicht nur einmal auf dem Plan steht...
Das Problem unserer Gesellschaft ist aber, dass Zeit heutzutage ein äußerst knappes Gut darstellt. Insbesondere Menschen, die einer Bürotätigkeit nachgehen, dürften die folgende Situation sehr gut kennen:
- Die Fahrt zur Arbeitsstelle beträgt oft rund eine Stunde, den allmorgendlichen Verkehrsstau noch gar nicht mitgerechnet.
- Selten bleibt es bei der Regelarbeitszeit. Überstunden stehen oft auf der Tagesordnung.
- Das Essen, welches man sich zwischendurch schnell "reinschiebt", führt zu einem zusätzlichen Trägheitsgefühl.
- Die Rückfahrt nimmt dann eine weitere Stunde in Anspruch.
- Die morgens eventuell noch vorhandene Trainingsmotivation sinkt mit jedem Kilometer, den wir uns dem trauten Heim nähern...
Insbesondere in der kalten Jahreszeit, wenn die Tage kürzer werden und man morgens im dunklen losfährt und abends im dunklen wieder zurück, führt der Weg dann schnell eher auf die heimische Couch, statt ins Fitnessstudio. Und hat die uns erst einmal in ihrer Gewalt, fallen uns doch mindestens 10 andere Dinge ein, die auf einmal viel wichtiger sind, als sich noch einmal aufzuraffen um ins Studio zu fahren und dort rund 2 Stunden zwischen Leuten zu trainieren, die sich mit ihren iPod-Kopfhörern von der Außenwelt abkapseln und alle ihr eigenes Ding machen, oder?
Genau dies kenne ich aus eigener Erfahrung, habe ich doch selbst ca. 15 Jahre in mehreren Fitnessstudios trainiert. Sowohl in kleinen familiären, als auch in Großraumstudios namhafter Ketten.
Und welche Vorteile bringt mir das Training mit einer Kettlebell nun?
Anders als beim herkömmlichen Fitnesstraining im Studio werden beim Kettlebell-Training keine isolierten Muskeln trainiert, sondern ganze Muskelketten. Jede einzelne Übung beansprucht gleich mehrere Muskeln des Körpers und bildet für sich somit oft schon ein Ganzkörpertraining. Hierbei gilt es nicht, lediglich ein Gewicht von A nach B zu bewegen, sondern gleichzeitig komplexe Bewegungsabläufe zu koordinieren. Schließlich wird der Trainierende bei der Ausübung nicht von einer Maschine geführt, sondern arbeitet mit freien Gewichten, welche geschwungen oder gestoßen werden.
Aber gerade darin liegen leider auch die Gefahren:
Die Tatsache, dass die in den Übungen eingesetzten Kugelgewichte vom Gewicht her deutlich unter dem liegen, was man vielleicht an der Maschine im Fitnessstudio bewegen würde führt oft dazu, dass sich viele Ein- oder Umsteiger sehr schnell überschätzen. Die auftretenden Fliehkräfte lassen die Kugel bei falscher Ausführung oder schlechter Koordination schnell zum unberechenbaren Geschoss werden und stellen ein hohes Verletzungsrisiko für sich selbst und andere dar.
Aus diesem Grund ist UNBEDINGT davon abzuraten, sich diese Übungen selbst anzueignen, etwa durch Youtube-Videos, etc. Lassen Sie sich statt dessen diese Übungen von einem eigens dafür ausgebildeten und zertifizierten Kettlebell Instructor zeigen! Oft finden sich Angebote über entsprechende Seminare (Einsteiger und Fortgeschrittene) oder ein (Klein-)Gruppentraining, in welchen diese Inhalte fachgerecht vermittelt werden. Der Instructor kann hierbei frühzeitig korrigierend eingreifen und somit eventuellen Verletzungen direkt vorbeugen.
Was ist Kettlebell-Training NICHT?
Da bei dieser Art des Trainings keine isolierten Muskeln mit möglichst hohem Gewicht trainiert werden, dient es natürlich nicht dem Muskel- oder Masseaufbau im Sinne des "Body Buildings". Zwar ist der typische Bodybuilder in der Lage, Unmengen von Gewicht über einen kurzen Zeitraum zu bewegen. Allerdings wird er es niemals schaffen, diese Kraft über einen längeren Zeitraum aufzubringen oder etwa zu koordinieren. Auch schränken ihn zu große Muskelmassen in seiner Bewegungsfreiheit stark ein. Oder haben Sie etwa schon mal einen 130 Kg schweren eingeölten Bodybuilder Tennis spielen sehen (man denke hierbei einmal an die komplexen Bewegungsabläufe, die dabei zu bewältigen sind)?
Vielmehr wird hier der Körper als ganzes trainiert - Funktionelles Krafttraining ist hier das Stichwort. Es wird Kraft aufgebaut, die dem Trainierenden auch bei alltäglichen Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht. So finden sich Berichte von Personen, denen schon nach einigen Wochen regelmäßigen Kettlebell-Trainings z.B. das Treppensteigen wesentlich leichter fällt. Kampfsportler erarbeiten sich durch dieses Training große Vorteile hinsichtlich Kraftausdauer, Kondition und Koordination, welche sie für den Wettkampf benötigen. Rentern fällt es plötzlich leichter, den kleinen Enkel zu heben oder in die Höhe zu "werfen", uvm.
Schon 30 Minuten Training an drei Tagen in der Woche...
... führen zu einer Steigerung der Fettverbrennung.
... verbessern die allgemeine Ausdauer/Kondition.
... stärken das Herz-Kreislaufsystem.
... verbessern deutlich die Koordinationsfähigkeit.
... steigern die Explosivkraft (z.B. bei Sprintern oder Kampfsportlern).
... können sich positiv auf einen erhöhten Blutdruck auswirken.
Wir sprechen hier also von 90 Minuten Kettlebell-Training in der Woche, gegenüber den bis zu 7,5 Stunden(!) Training im Fitnessstudio. Unterm Strich kommt hierbei also eine Zeitersparnis von ca. 6 Stunden heraus, die wir letztendlich dann doch noch auf der oben erwähnten Couch verbringen dürfen. Und das, OHNE ein schlechtes Gewissen haben zu müssen und bei wesentlich höheren Erfolgschancen als beim anonymen abquälen auf irgendeinem Laufband.
Na, klingt das nicht super?
Berücksichtigt man dann noch, dass solch ein Krafttraining - insbesondere in der Gruppe, sowohl durch die Motivation des Instructors, als auch durch die Mittrainierenden - einen Riesenspaß macht, wird es schwer hier noch Gründe (oder Ausreden?) gegen ein solches Training zu finden.
Oder wie sehen Sie das... ?
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Thomas Wlosch,
Kettlebell Instructor